Eine der vielfältigsten und artenreichsten Wüsten der Welt: die Kalahari.  
Es ist Nacht in der Kalahari und das Twee Rivieren Restcamp ganz im Süden des grenzüberschreitenden Kgalagadi-Transfrontier-Nationalparks bietet uns sicheren Schutz vor den Raubtieren. Millionen von Sternen leuchten am schwarzen Himmel, die Sichel des Mondes ist kaum zu sehen und auch sonst gibt es kaum störendes Licht. Es dauert nicht lange, bis die erste Sternschnuppe vorbeizischt, nur wenig später durchbricht das laute Brüllen eines Löwen in der Ferne die Stille.
Die Temperaturen sinken nach der Hitze des Tages langsam auf unter zehn Grad. Wir verziehen uns in unser Zelt und können es kaum erwarten, uns am nächsten Tag endlich auf die Suche nach den Löwen zu begeben. Das Brüllen gibt uns Hoffnung, dass wir sie auch hier, im Süden der Kalahari, finden.
Das wilde Gezwitscher der Vögel im Baum über unserem Zelt weckt uns bei Tagesanbruch. Noch vor Sonnenaufgang öffnen die Tore des Camps und wir fahren auf den sandigen Straßen in die Wüste. Rot-Orange leuchten der Himmel und der Boden um diese Zeit. Rote Dünen, dornige Büsche und spärliche Grasnarben dominieren die Landschaft. Um diese Tageszeit verstecken sich die Tiere noch nicht im kühlen Schatten und so dauert es nicht lange, bis wir die ersten Antilopen und Springböcke sehen. Von den Big Five hat die Kalahari nur die Löwen und Leoparden zu bieten. Elefanten, Nashörnern und Büffeln ist es hier zu trocken. Trotzdem gibt es viel zu sehen, wie etwa jede Menge Strauße, Schakale, Füchse, Streifengnus, Hyänen, Geparden, Schlangen, Erdmännchen und vieles mehr. Besonders berühmt ist die Kalahari aber auch für ihre Vielzahl an Raubvögeln. Beinahe alle paar Minuten entdeckt man Adler, Geier oder Habichte, aber auch die stelzbeinigen Sekretärvögel, die ausschließlich in Afrika vorkommen.
„Bleib stehen, da oben bewegt sich was!“, rufe ich. Und tatsächlich. Bei genauerem Hinsehen entdecken wir in einiger Entfernung auf der Düne eine Hyäne, die auf der Suche nach Futter durch die Gegend streift. Stundenlang fahren wir auf den sandigen, aber gut befahrbaren Pisten durch den Park zu unserem nächsten Camp an der namibischen Grenze. Immer wieder bleiben wir stehen, beobachten einen Schakal, der auf der Suche nach Mäusen die Nase in den Sand steckt und sich schließlich mutig an unser Auto herantraut, schauen kleinen Löffelhunden beim Toben zu, beobachten Strauße, die hohen Hauptes durch die Wüste ziehen, oder bestaunen fasziniert die großen Gnuherden, die nach den letzten Grasbüscheln suchen. Südafrika hat eine lange Dürreperiode hinter sich. Die natürlichen Wasserquellen sind versiegt und die Tiere versammeln sich an den künstlichen Wasserlöchern, an denen sich teils dramatische Szenen abspielen. Ein Geier sitzt erhaben am Wasser und wartet, bis kleinere Vögel sich ans Wasserloch trauen, nur um sich in wenigen Sekunden geschickt einen seiner Artgenossen in der Luft zu schnappen und ihn zu verspeisen. Auf einem Baum sehen wir einen Kampfadler, den größten Raubvogel Afrikas. In seinen Krallen hält er einen Baby-Geparden, den er bereits zur Hälfte verspeist hat. Ein Anblick, der sich einem nicht jeden Tag bietet. Fressen und gefressen werden. Alltag in der Kalahari. Schnell wird hier ein Jäger zum Gejagten.
Die Zeiten, in denen dieser Nationalpark zu den absoluten Geheimtipps gehörte, sind vorbei. Die wenigen Restcamps müssen früh gebucht werden, um über Nacht im Park bleiben zu können. Um einen Platz in den Camps weiter nördlich zu bekommen, muss man zeitlich flexibel sein. Weil wir zu kurzfristig gebucht haben, müssen wir uns auf die Camps im Süden beschränken. Aber diesmal haben wir Glück. Bereits am zweiten Tag entdecken wir zwei Junge Löwenmännchen am Wasserloch. Nur hundert Meter entfernt liegen ihre Eltern gemütlich im Schatten eines riesigen Baumes, um sich vor der Mittagshitze zu schützen, denn die Temperaturen sind mittlerweile auf 37°C gestiegen. Das Highlight kommt aber am nächsten und letzten Tag, als ein ausgewachsener, wunderschöner Löwe plötzlich neben uns auftaucht, um sich anschließend nur wenige Meter neben uns hinzulegen und vor unserem Auto zu posieren. In solchen Momenten, umgeben von dieser faszinierenden Landschaft und einem so majestätischen, von uns völlig unbeeindrucktem Tier, fühlt man sich beinahe demütig.
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