Unendliche Weiten und malerische Sanddünen in dermarokkanischen Wüste.
„Yallah, yallah! – Auf geht’s!“, ruft Lahoucine, als wir spät abends nach einer langen Fahrt von Marrakesch über den Hohen Atlas die Wüste erreichen und die einstündige Etappe bis zu unserem ersten Camp antreten. Der Mond ist bereits aufgegangen und leuchtet uns den Weg über die Sanddünen, bis wir schließlich aus etwas Entfernung die Zelte sehen. Aufgeregt schnappen sich alle ihre Matratzen und machen sich auf die Suche nach dem geeigneten Schlafplatz. Windgeschützt hinter der Düne gleich bei den anderen oder doch lieber etwas abseits, um das Gefühl der Einsamkeit zu genießen? Die Temperaturen sinken bereits auf unter zehn Grad, trotzdem sind wir uns alle einig, dass wir ohne Schlafzelte auskommen. Aus dem Gemeinschaftszelt duftet es bereits nach Kreuzkümmel und leckerem Essen, das die beiden Köche Ibrahim und Omar in ihrer soeben aufgebauten „Küche“ zubereitet haben.
Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, als ich mich samt meiner Wärmeflasche in den dicken Schlafsack verkrieche und zum ersten Mal den Blick auf die unendlich vielen Sterne am Himmel genießen kann. Es ist bereits ruhig geworden am Schlafplatz. Bis auf das laute Gurgeln der brünstigen Dromedarhengste ist kaum ein Laut zu hören. Es dauert nicht lange, bis die erste Sternschnuppe zwischen den Sternbildern am Himmel aufleuchtet und mir schließlich langsam die Augen zufallen.
Nach einem ausgiebigen Frühstück werden die Zelte abgebaut, die Dromedare bepackt und unsere Karavane macht sich auf den Weg zum nächsten Zeltplatz. „Wie schaffst du es, dich hier zu orientieren?“, frage ich unseren Guide Lahoucine immer wieder erstaunt, als wir immer weiter in die Sahara, über malerische Sanddünen, Steinwüste und ausgetrocknete Lehmboden wandern. „Das ist ganz einfach – immer geradeaus“, lacht der sympathische Marokkaner, nur um dann doch noch in ernsterem Ton hinzuzufügen: „Es braucht schon jahrelange Erfahrung, um sich in der Wüste zurechtzufinden.“ Seit 16 Jahren ist Lahoucine Taha Partner von Reiseveranstalter WeltWeitWandern in Marokko und organisiert gemeinsam mit seiner Frau Brigitte die Reisen vor Ort. „Lieber bin ich aber mit den Gästen in der Wüste als im Büro“, erzählt der passionierte Wanderführer, der aus einem Bergdorf im Hohen Atlas kommt und gekonnt die Routen und Zeltplätze in der Saharazusammenstellt.
Ein Stück vor uns schaukeln die Dromedare, die mit den Halbnomaden viel zügigier als wir auf dem Weg zum nächsten Stopp sind. Über uns kreist ein Wüstenbussard und immer wieder finden wir in dieser kargen Landschaft, in derLeben unmöglich scheint, Pflanzen, die im Laufe der Jahre spezielle Überlebenstricks entwickelt haben. Im Sand entdecken wir Spuren von Wüstenspringmäusen, Käfern, Gazellen und Hornvipern, die sich, wie auch die Skorpione, zum Glück noch bis Mitte März in Winterstarre befinden. Eine Akazie bietet uns nach vier Stunden Wanderung am Mittag den lang ersehnten Schatten. „Zwei Stunden sind es noch bis zum Ziel“, erklärt uns unser zweiter Guide Omar, der mit seinen 28 Jahren bereits sechs Sprachen spricht, nach dem Essen. Gemeinsam mit Dromedarführer Zaid führt er unsere Gruppe an, immer wieder stimmen die beiden Berber in einen Gesang ein. Wer nicht mehr kann, darf auf einem der Reitdromedare für eine Zeit lang Pause machen. Abends werden wieder Schlafplätze gesucht, in den fünf Nächten entsteht irgendwann so etwas wie Routine. Ibrahim bäckt köstliches Fladenbrot im Sandofen, aus der Küche tönt lauter Berbergesang und der Klang der Trommeln reicht bis weit über die Dünen hinaus. Ich erklimme die höchste Düne unseres Camps, um noch die letzten Sonnenstrahlen zu genießen, bevor sie langsam am Horizont verschwindet und den Sternen und dem Mond Platz macht. Der Alltag zu Hause ist inzwischen ganz weit weg und auch unsere Ankunft in Marokko fühlt sich an, als wäre sie mindestens zwei Wochen entfernt. Es ist ein unvergessliches Erlebnis inmitten der marokkanischen Wüste.