Als einzige Großstadt im Umkreis von 1000 Meilen zeigt sich Denver überraschend innovativ und modern.
Denver, die Hauptstadt des Bundesstaates Colorado im Herzen der USA, kennen die meisten bisher nur aus berühmten Serien wie Denver Clan. Schade eigentlich, denn die hippe Metropole hat unglaublich viel zu bieten und überrascht mit viel Kreativität, einer tollen Food- und Musikszene und schöner Architektur. Das war nicht immer so. Erst vor zehn Jahren begann die Drei-Millionen-Einwohner-Stadt, deren heute wunderschön restaurierte viktorianische Ziegelgebäude in der Innenstadt verlassen und heruntergekommen waren, sich neu zu erfinden.
Exemplarisch dafür steht die Union Station. Zu Goldgräberzeiten war der zentrale Bahnhof Dreh- und Angelpunkt der Stadt. Als die Goldgräber wieder abwanderten und das Fliegen billiger wurde, fuhren auch keine Züge mehr, denn im Umkreis von 1600 Kilometern findet man keine andere größere Stadt und muss ganze 28 Stunden Fahrtzeit einrechnen, um mit dem Zug nach San Francisco an die Küste zu kommen. Heute ist die Union Station immer noch das Herz Denvers. Zwar fahren bis auf die Flughafenlinie keine Züge mehr, vor zehn Jahren wurde das Gebäude aber wunderschön renoviert und beherbergt heute ein Hotel und mehrere Bars, Cafés und Shops. „Wir nennen die Union Station auch das Wohnzimmer der Stadt“, erzählt Guide Rich Grant, der seit 40 Jahren in Denver lebt und die Entwicklung live miterlebt hat. Angefangen hat die Veränderung in der „Mile High City“, wie die Stadt aufgrund ihrer Lage von einer Meile (etwa 1600 Meter) über dem Meeresspiegel genannt wird, mit der Eröffnung der ersten Craft-Bier-Brauerei in Downtown Denver, der Wynkoop Brewery, deren Erfolg viele andere Investoren anlockte. Heute, zehn Jahre später, herrscht in der ganzen Stadt reges Treiben. Fußgänger flanieren entspannt entlang der autofreien Einkaufsstraße „16th Street Mall“, in der es an jeder Ecke etwas zu entdecken gibt, treffen sich im Civic Center Park, wo dreimal wöchentlich etwa 25 Foodtrucks für kulinarische Abwechslung sorgen, oder besuchen eines der vielen Konzerte oder Festivals, die in Denver das ganze Jahr über in coolen Locations stattfinden. „Das Leben spielt sich im Freien ab. Die Menschen möchten draußen sein, auch wenn sie drinnen sind“, weiß Rich und spricht damit die Foodtrucks, aber auch die Fassaden der Bars und Restaurants an, die meistens komplett geöffnet werden können, denn die Sommer in Colorado sind heiß und trocken. Die Mischung aus Alt und Neu ist es, die der Stadt ihren sympathischen Charakter verleiht. Statt alles neu zu bauen, wurden viele der bestehenden Gebäude renoviert. In alten Fabriksgebäuden findet man heute Markthallen, Galerien oder junge Designer. Neben roten Backsteingebäuden ragen gläserne Hochhäuser in die Luft oder beeindrucken architektonische Kunstwerke, wie etwa das Denver Art Center, das von Daniel Libeskind entworfen wurde.
Bieryoga und Tuk Tuk fahren
Einen Blick in die Vergangenheit bietet ein Besuch im historischen Oxford Hotel in Lower Downtown, das sich seinen Charme bis heute behalten hat. Gleich neben der Lobby erinnert die „Cruise Room Martini Bar“, in der es keine Fenster gibt, an die Zeit der Prohibition. Heute darf zum Glück längst wieder überall legal Alkohol konsumiert werden. Ganze 70 größere und kleinere Brauereien zählt die Stadt inzwischen. Wer Bier mag, kommt in Denver voll auf seine Kosten, denn das beliebte Getränk gibt es hier in allen Variationen. Am ausgefallensten ist wohl das Bieryoga. In der großen Fabrikshalle der Great Divide Brauerei treffen sich einmal im Monat Jung und Alt, um Yoga zu machen und dabei, davor oder danach Bier zu trinken. Teilnehmen kann jeder, denn das ganze ist kostenlos und auch für Touristen ein guter Tipp. Die Brauereien lassen sich auch super im Rahmen einer Tour erkunden. Besonders viel Spaß macht das mit einem elektrischen Tuk Tuk, mit dem es entweder von Brauerei zu Brauerei oder einfach durch die Stadt geht.
Was unweltfreundliche Fortbewegungsmittel betrifft, ist Denver vielen amerikanischen Städten weit voraus. Denver war weltweit die zweite Stadt, die das Bike-Sharing-System einführte. In der ganzen Stadt findet man Stationen, an denen man unkompliziert Fahrräder mieten und an einem anderen Ort wieder abstellen kann. „Die wenigsten Leute fahren mit dem Auto durch die Innenstadt“, weiß Rich.Nur für einen Ausflug in die nahegelegenen Rocky Mountains, die sich zum Wandern, Skifahren, Raften, Reiten und vielen anderen sportlichen Aktivitäten nur eine gute halbe Stunde vor der Stadt befindet lohnt sich die Fahrt mit dem Auto dann doch.